Die Entscheidung im Monat September 2019 für Arbeitnehmer

Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung

Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber eingestellt, gelangt das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmte Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung in verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift regelmäßig nicht zur Anwendung.

Ergebnis

Eine Befristung ist ohne Sachgrund zulässig, obwohl mit demselben Arbeitgeber zuvor schon ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine Gefahr der sog. Kettenbefristung besteht nicht. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung ist in diesem Fall unzumutbar.

Sie erinnern sich?

Gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG bedarf es für eine sachgrundlose Befristung keiner besonderen Rechtfertigung. Sie ist allerdings nur für maximal insgesamt zwei Jahre zulässig. Außerdem ist eine sachgrundlose Befristung gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unzulässig, “wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat“. Dadurch sollen insbesondere sog. Kettenbefristungen verhindert werden.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist eine Befristung ohne Sachgrund von vornherein unzulässig, wenn irgendwann einmal in der Vergangenheit schon ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat.

Das Bundesarbeitsgericht hatte die Worte „bereits zuvor“ in der Vergangenheit aber anders ausgelegt. Es genügte, wenn das vorherige Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt (BAG, Urt. v. 06.04.2011, Az. 7 AZR 716/09).

Diese Entscheidung widersprach allerdings klar dem Wortlaut des Gesetzes. Das BVerfG hat am 06.06.2018 klargestellt, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht deshalb nicht haltbar ist (Beschlüsse vom 6.6.2018, Az. 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14). Allenfalls seien Ausnahmen denkbar, u. a. bei sehr lange zurückliegenden Arbeitsverhältnissen. Wir hatten hierüber schon berichtet (Die Entscheidung im Monat April 2019 für Arbeitnehmer).

Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung daraufhin Anfang 2019 geändert (Urt. v. 23.01.2019, Az. 7 AZR 733/16).

Nun hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.08.2019 (7 AZR 452/17) entschieden, dass ein Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt. Um einen solchen Fall handele es sich, wenn die Vorbeschäftigung bei der erneuten Einstellung 22 Jahre zurücklag. Das Bundesarbeitsgericht hat die Befristung also für wirksam erachtet.

Wie viele Jahre in Zukunft ausreichen werden und wie viele noch nicht, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. 5,5 oder 8 Jahre seit dem Ende der Vorbeschäftigung reichen jedenfalls nicht (BAG, Urt. v. 23.1.2019, 7 AZR 733/16; Urt. v. 23.1.2019, 7 AZR 13/17). Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft jeder Einzelfall genau zu prüfen sein wird.

Wir werden Sie auf dem Laufenden halten!

Bundesarbeitsgericht vom 21.08.2019 – 7 AZR 452/17 –

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