Die Entscheidung im Monat Februar 2016 für die Praxis

Freistellung des Betriebsratsmitgliedes von Übernachtungskosten

Leitsätze

  1. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Be- triebsratsmitglieds an einer Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für das Betriebsratsmitglied erforderlich ist. Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören auch notwendige Reise- und Übernachtungskosten.
  2. Der für die Kostentragungspflicht erforderliche Beschluss des Betriebsrates über die Schulungsteilnahme muss auf ein kon- kretes BR-Mitglied und auf eine konkrete, nach Zeitpunkt und Ort bestimmte Schulung bezogen sein. Dagegen braucht er sich nicht darauf zu erstrecken, mit welchem Verkehrsmittel das Betriebsratsmitglied zum Schulungsort gelangt und ob es dort übernachtet.
  3. Entscheidet das Betriebsratsmitglied, im Schulungshotel zu übernachten, ist die Erforderlichkeit der Übernachtung grundsätzlich danach zu beurteilen, ob das Betriebsratsmitglied zum Zeitpunkt der die Übernachtungskosten auslösenden Beschlussfassung oder Handlung (z.B. der Buchung des Hotelzimmers) die Verursachung der Kosten für erforderlich halten durfte. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn sich die für die Entscheidung maßgeblichen Umstände nachträglich bis zur Übernachtung erheblich geändert haben und das Betriebsratsmitglied die Kosten unter den geänderten Umständen für erforderlich halten durfte. In diesem Fall sind die Kosten vom Arbeitgeber zu tragen.

Sachverhalt:

Im vorliegenden Streit ging es darum, ob ein Betriebsratsmitglied, das vom Betriebsratsgremium zu einer konkreten Betriebsratsschulung angemeldet wurde, die 44 km Anreisestrecke täglich zu absolvieren hatte oder ob das Betriebsratsmitglied berechtigt war, im Schulungshotel zu übernachten.
Kurz vor der Schulungsveranstaltung im November wurde für das Betriebsratsmitglied ein Einzelzimmer mit Vollpensionspauschale für die Dauer der Schulungsveranstaltung nachgebucht. Der Betriebsrat war der Ansicht, dass aufgrund der Entfernung und der ungünstigen winterlichen Witterungsbedingungen eine An- und Abreise jeweils nicht von dem Betriebsratsmitglied hätte verlangt werden können.

 

Ergebnis:

Das Bundesarbeitsgericht hat auf die winterlichen Verkehrsverhältnisse letztendlich nicht abgestellt, sondern die Anreise vom Wohnort zum Schulungsort von 44 km einfacher Wegstrecke als nicht zumutbar angesehen, zumal der Austausch zwischen den Schulungsteilnehmern gleichfalls ein wichtiges Argument war. Das Bundesarbeitsgericht hat da- her dem Kostenfreistellungsantrag des Betriebsrates stattgegeben.

Bundesarbeitsgericht vom 27.05.2015 – 7 ABR 26/13 –

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