Die Entscheidung im Monat März 2018 für Beschäftigte

Schadenersatz bei Ablehnung einer Wiedereingliederungsmaßnahme

Leitsätze

  1. Durch die Ablehnung eines Antrags auf Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme durch den Arbeitgeber kann sich dieser gegenüber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig machen.
  2. Dabei ist der beim Arbeitnehmer eintretende Schaden unter Berücksichtigung der Zwecksetzung des § 84 SGB IX zu ermitteln.
  3. Allein die Tatsache, dass § 84 SGB IX selbst keine Rechtsfolgenbestimmung umfasst, rechtfertigt nicht die Annahme einer rechtlichen Unverbindlichkeit und Folgenlosigkeit eines Gesetzesverstoßes.
  4. Deswegen ist die Ermittlung des Schadens bei einer unberechtigten Ablehnung der Wiedereingliederungsmaßnahme auf der Grundlage der Zwecksetzung des § 84 SGB IX vorzunehmen.
  5. Der Arbeitnehmer hat daher Anspruch auf die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert seines Vermögens ohne Eintritt der Ablehnung der Wiedereinsetzungsmaßnahme und dem tatsächlichen Wert seines Vermögens. Dies umfasst das Arbeitsentgelt, das der schwerbehinderte Arbeitnehmer bei einer zeitlich früheren Herstellung seiner Arbeitsunfähigkeit verdient hätte.

Entscheidung

In dieser Entscheidung sprach das LAG Hessen einem schwerbehinderten Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch zu in Höhe des erlittenen Verdienstausfalls, nachdem der Arbeitgeber unberechtigterweise einen Antrag auf Wiedereingliederung abgelehnt hatte.

Dies begründete das LAG Hessen damit, dass bei Durchführung des Wiedereingliederungsplans, aufgrund einer hypothetischen Kausalität, die Arbeitsfähigkeit vorzeitig hätte wiederhergestellt werden können. Auch wenn der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines effektiven betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement nicht zwingend zur Folge hat, dass der Kläger hierdurch auch die Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der vorgesehenen Beendigung der Wiedereingliederungsmaßnahme erlangt hätte. So fließt in die hypothetische Kausalität die Zielrichtung des Eingliederungsmanagements ein, wonach ein Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer erhalten bleiben soll.

Dadurch, dass der Arbeitgeber ohne triftigen Grund eine stufenweise Wiedereingliederung verweigert und die Arbeitsfähigkiet des Arbeitnehmers erst zu einem späteren Zeitpunkt wiederhergestellt wird, als im Wiedereingliederungsplan ursprünglich vorgesehen war, so muss nach dem Schutzzweck des § 84 Abs. 2 SGB X eine Kompensation des hierdurch eingetretenen Vermögenschadens erfolgen.

Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 07.08.2017 – 7 Sa 232/17 –

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